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deadwords » interviews 11.09.2015
Rawlin Hood Moses – Who is Rawlin Hood Moses?

Rawlin Hood Moses, das sind DJ Tom Select und Marabou. Rawlin Hood Moses ist aber auch jemand ganz anderes. Passend zur Premiere des physischen Releases der EP war Tom Select so frei, ein paar unserer Fragen zu beantworten. Lest unten, wie Tom Select sich an seine musikalische Kindheit zurückerinnert, die Kollaboration mit Marabou beschreibt und natürlich das Mysterium um die Identität von Rawlin Hood Moses lüftet. 

DEAD: Hallo Tom und erst einmal Gratulation zum physischen Release eurer EP “Rawlin Hood Moses”. Die EP ist ja schon seit Ende August digital erhältlich. Wie zufrieden seid ihr bis jetzt mit dem Feedback?

Tom Select: Hi – und Danke. Die digitale Version der EP ist seit Ende August erhältlich, das ist richtig. Der physische Release auf CD ist offiziell aber erst am 11. September. Ab dem Tag steht Rawlin Hood Moses dann im Laden. Soweit ist das Feedback durchweg positiv; und zwar aus allen möglichen Richtungen und nicht wie eigentlich zu erwarten mehrheitlich aus der Hip Hop Community.

DEAD: Beschreib mal, wie klingt “Rawlin Hood Moses”?

Tom Select: Naja, der Sound ist irgendwie schwer zu beschreiben wenn man nicht die üblichen Klischee-Begriffe abrufen will. Die Basis ist natürlich Hip Hop, zumindest was den Beat angeht. Vergleicht man aber zum Beispiel den ersten Track „La Guerre“ mit dem DJ Song „His Story“ sind das vom Sound her Welten; einmal ein minimales, rohes Drumset mit Funk Einflüssen und Sound der ohne irgendwelche digitalen Hilfsmittel gemacht wurde – der andere Song ein eher aktuelles Beat-Konstrukt aus dem Sampler, bearbeitet mit diversen Effekten und einem Gesangs-Feature unseres Kollegen Kalmann on top. Wir haben früher mal den Begriff „Boom Bap Blues“ für unseren Sound verwendet; und das fühlt sich irgendwie am passendsten an.    

DEAD: Auf eurer Bandcamp-Seite wird “Rawlin Hood Moses” als “art concept” beschrieben und man merkt und hört, dass ihr beide mit viel Herzblut an die Sache gegangen seid. Inwiefern ist RHM ein “art concept”? Was wolltet ihr anders machen? 

Rawlin Hood Moses kreiert, verkörpert, erschafft oder vernichtet Kunst in welcher Form auch immer

Tom Select: Das bezieht sich einfach auf das Gesamtkonzept der EP die neben der Musik auch aus der Grafik und dem fiktiven Charakter des Rawlin Hood Moses besteht. Das Cover zeigt den Künstler mit der Spraydose und hinter ihm sieht man das Bild das kurz zuvor entstanden ist; die verschachtelten Schriften und bunten Grafiken hinten auf der CD und auf der Innenseite sind allesamt nur am PC eingefügt – erstellt und bearbeitet wurden sie aber original auf Papier. So vermischen sich bildende Kunst, Musik, Poesie. Das ganze Leben und jeder Aspekt des Rawlin Hood Moses kreiert, verkörpert, erschafft oder vernichtet Kunst in welcher Form auch immer. Die CD als Kunstgegenstand wird tatsächlich auch irgendwo ausgestellt, leider hab ich keine Ahnung wo und wann (lacht).

DEAD: Wie kam die Kollaboration überhaupt zustande? 

Tom Select: Wir kennen uns schon seit Jahren und haben gemeinsam an verschiedensten Projekten gearbeitet. Irgendwann kam uns nachts im Studio einfach die Idee zu diesem fiktiven Charakter, wobei wir erst einfach nur den Namen geil fanden – und ausserdem habe ich auf Französisch noch niemanden so dope rappen gehört. Da musste aus Sicht des DJs einfach ein kleines Projekt her auf dem sich Marabou dahingehend alleine ausleben kann. Einen ähnlich komplex performten Rapflow wie auf „So Fat“ habe ich bisher von keinem anderen Französisch sprechenden MC gehört. Ich sage immer erst ist unsere Französisch sprechende Version von Method Man.

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DEAD: Erzähl mal, wie sah der Arbeitsprozess und die Arbeitsteilung der EP aus? Wie kamt ihr letztendlich zu den sechs fertigen Tracks? 

Tom Select: Der Arbeitsprozess lässt sich nicht wirklich festlegen. Manchmal hat man zuerst ein Sample und das inspiriert Marabou zum Text, manchmal kommt er zuerst mit einem fertigen Text und erzählt mir was er sich vom Sound her vorstellt – oft ist es aber auch eine Mischung aus beidem und man hat jeweils eine Idee die man dann gemeinsam weiterentwickelt. Wir hatten eigentlich vor noch 1-2 Songs mehr aufzunehmen, da hapert es aber dann oft am Faktor Zeit – und am Faktor Künstler; also was Studiotermine planen oder Erreichbarkeit angeht (lacht).

DEAD: War es für euch von Anfang an klar, eure EP auch physisch zu veröffentlichen? 

Tom Select: Absolut. Wenn wir es trotz verschiedener Pläne schaffen alle ins Studio zu kriegen oder sich ein Zeitfenster ergibt in dem man gemeinsam was machen kann dann nutzen wir das auch – mit einem entsprechenden Ziel vor Augen ist die Arbeitsmoral in der Regel auch besser; siehe mein vorheriges Statement mit dem „Faktor Künstler“ (lacht).

Bei uns zu Hause lief irgendwie immer Musik als ich klein war

DEAD: Laut deiner Biografie hörst du bereits seit du denken kannst Musik. Welche Künstler haben dich in deinem Schaffen am meisten beeinflusst? 

Tom Select: Ich weiss nicht mehr genau ab wann ich bewusst über Musik nachgedacht habe, sie hat mich aber schon wirklich früh magisch angezogen, egal wo sie rauskam. Bei uns zu Hause lief irgendwie immer Musik als ich klein war, das hat auf jeden Fall geprägt – und ich wollte sehr früh schon unbedingt selbst Musik machen. Einflüsse kamen da eigentlich aus allen Richtungen. Soul, Funk, Jazz, Chansons, Reggae, Rock, Pop – was auch immer. Mit Schlagzeug hab ich aber z.B. als Kind schon früh angefangen weil ich die Drums auf den Beatles-Platten meiner Mum gefeiert und überall nachgetrommelt habe. Das war für mich glaube ich die Grundlage für meine Liebe zum Beat. Später wurde der dann halt langsamer und klang dicker – aber es bleibt die Monotonie des Beats die mich fasziniert.

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DEAD: Neben deinem umfangreichen musikalischen Hintergrund spielst du auch mehrere Instrumente. Würdest du sagen, dass du dadurch auch eher eine Art möglichst reale, “hands-on”-Mentalität bei deiner Musik hast? 

Tom Select: Ich denke schon, dass der Background eine andere Herangehensweise an Produktion oder DJing ergibt. Nach zehn Jahren Schlagzeugunterricht im Kindesalter hat man zum Beispiel einfach ein untrügliches, mentales Metronom. Wenn man bisschen was von Tonleitern, Akkorden, Instrumenten und der Theorie versteht schadet sicher auch nicht. Am wichtigsten ist mir am Ende aber ein warmer Sound der Variationen hat und der Faktor Zufall – sprich, ein Sound der mit laut und leise spielt, der Atmosphäre und ein analoges Gefühl vermittelt und in seiner Monotonie trotzdem abwechslungsreich bleibt; und bei dem Dinge zufällig entstehen können weil man herumprobiert und experimentiert. Es gibt doch nichts Schlimmeres als kalte, seelenlose, austauschbar klingende Musik  aus der Retorte. Zudem muss das Instrumental die Vokalparts irgendwie umschliessen und nicht einfach drunter oder drüber liegen und durchmarschieren. Das kriegt man mit etwas Erfahrung und Gehör für Takte und Texte bestimmt besser hin als ohne.

DEAD: Deiner Diskografie nach zu urteilen, scheinst du musikalisch sehr viel beschäftigt zu sein und leitest sogar noch dein eigenes Plattenlabel. Wie machst du das und was treibt dich an?

Tom Select: Naja, eigentlich beschäftigen mich geschäftlich andere Dinge mehr als das Label. Irgendwie muss man sich ja auch finanzieren wenn man nicht auf kommerziellen Erfolg hinarbeitet. Musik begleitet mein Leben aber schon permanent von morgens bis abends – und meist nachts. Ob ich nun nur welche höre, daran arbeite, darüber nachdenke oder neue Musik suche. Um mit einer Zeile von Torch zu antworten: „Perfekt wie ein Kreis / 360 Grad / sie umschliesst mein Leben und begründet jede Tat“. Klingt pathetisch, stimmt aber.

Musik begleitet mein Leben permanent von morgens bis abends – und meist nachts.

DEAD: Wie geht es für dich und für “Rawlin Hood Moses” weiter? Habt ihr bereits konkrete Pläne?

Tom Select: Keine richtig konkreten Pläne mit Deadlines und so weiter. Ich arbeite meist gleichzeitig an verschiedenen Ideen und Projekten; das was zuerst fertig wird kommt dann einfach raus wenn es soweit ist. Weit vorne in der Pipeline dürften aber mein länger schon in Arbeit befindliches DJ Album mit instrumentalem Fokus, Live-Instrumenten und ein paar ausgesuchten Gastbeiträgen sowie ein neues Projekt namens „Noah und die blinden Passagiere“ stehen. Lust auf ein ganzes Rawlin Hood Moses Album hätte ich auch, Termine kann ich aber noch keine nennen. Wenn es was Neues gibt steht es irgendwann auf meiner Homepage.

DEAD: Wir danken ganz herzlich für das Interview. Möchtest du den DEAD-Lesern noch etwas mit auf den Weg geben? 

Tom Select: Ich habe zu danken. Klar, gerne – geschätzte DEAD Community, neben dem gerade besprochenen Rawlin Hood Moses Projekt kommt am gleichen Tag, also dem 11. September 2015, eine weitere EP mit dem Titel „Suburbants / ATL-LTH“ raus, ein sehr empfehlenswertes Kollabo Projekt mit Akila da Hun, einer talentierten, jungen Künstlerin aus Atlanta und mit Gastbeiträgen von z.B. C-Rayz Walz. Produziert ebenfalls von meiner Wenigkeit. Wer mit der Rawlin Hood Moses Platte was anfangen kann wird die Suburbants Platte ebenfalls mögen.

http://www.djtomselect.com
http://losthillmusic.bandcamp.com
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