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deadwords » interviews 22.08.2007
Project: Mooncircle – … die Welt von oben sehen

Den Menschen samt seiner Probleme, dem alltäglichen Wahnsinn, wahnwitzigen Gefühlen und die Welt samt täglicher Unterdrückung, sinnloser Gewalt und stupidem Hass von weit oben, vom Mondkreis aus zu betrachten und dazu den Sound zu liefern, verschreibt sich das sympathische deutsche Label Project: Mooncircle. Außerdem bemüht man sich Künstler aus dem Artwork-Bereich und der Musik auf eine Ebene zu bringen, sozusagen eine Art Gesamtkunstwerk zu schaffen. Und wer einmal eine Project: Mooncircle Scheibe in seinen Händen hielt, weiß, dass es geglückt ist. Meist würde man am liebsten schon aufgrund des liebevoll gestalteten Covers zugreifen. Und so erklang 2004 der Startschuss für ein wunderbares Label in den Zimmern interessierter Zuhörer und hallte bei weiteren Releases nach. Nach ein 1 1/2 Jahren entschließt sich Gordon, seines Zeichens Kopf von PMC, einen festen Künstlerkreis zu schaffen, in dem zwischenmenschliche Beziehungen und eine enge Zusammenarbeit mit den Künstlern Priorität besitzen. Zum Kreis gehören heute unter anderen Mr. Cooper, Seven Star, Cyne, Sketchie, sowie eine Reihe von Produzenten aus Miami wie Epstein und Manuvers. „Ein Künstler, der nicht das Label im Herzen tragen kann oder will, wird es auch nicht am Leben erhalten können. Ich mag keine Releases von irgendwelchen Leuten auf tausend verschiedenen Labels. Entweder man hat ein Zuhause und arbeitet daran oder man gibt sein Bankkonto an und wartet auf den Sell Out! Jeder trägt bei uns die Verantwortung über das, was wir sind…“, erklärt Gordon seine Einstellung.

Alles soll wie eine große Familie sein – solche Vorsätze heutzutage im Musikbuisness zu finden, ist schwer und sehr sympathisch. Zur Familie gehören für Gordon mittlerweile auch die Verantwortlichen von Beta Bodega und Botanica del Jibaro. Er schildert die Entwicklung wie folgt: „Es fing damit an, dass ich durch gemeinsame Künstler nach kürzester Zeit in Kontakt mit La Mano Fria (Gründer und Artwork Designer von Beta Bodega – BDJ – Arepaz) stand. Er kam aus Miami, um sich mit mir über seine Vorstellungen einer gemeinsamen Zukunft zu unterhalten. Am Anfang war ich sehr zurückhaltend, denn ich wollte eigentlich nichts aus der Hand geben und vor allem wusste ich nicht, wie meine Partner dazu stehen. Nicht unbedingt alle wollten dieser Partnerschaft zustimmen, doch die Mehrheit war einer Meinung und wir begannen an kleineren Veröffentlichungen in Japan zu arbeiten.“ So ist Project: Mooncircle heute der europäische Teil der Beta Bodega Coalition. Trotzdem bleiben beide Partner autark: Zwei verschiedene Labels mit verschiedenen Hintergründen. Botanica sieht sich selbst als reines HipHop-Label, während Gordon sich mit PMC in Zukunft auch mehr in die elektronische, instrumentale Richtung begeben will. Aus der Zusammenarbeit resultierte auch ein stärkeres politisches Engagement des Labels. Nun fallen nicht nur die kapitalismuskritischen, linksgerichteten Texte auf, sondern auch geplante Aktionen, wie z.B. das Release „Third World Cup Finals & Semi Finals“, durch deren Einnahmen ein Fußballturnier für Immigrantenkinder aus Miami finanziert wurde. Außerdem fließen Prozente bestimmter Releases oft direkt in die dritte Welt. Als Label könne man nicht die Welt retten, dass weiß auch Gordon, denn alles laufe immer mehr aus den Bahnen. „Wie viele Menschen sterben in den Straßen von Kolumbien, nur weil sie mit dem System nicht zufrieden sind und wie viele durch die Hand der „Staatsgewalt“! Wird uns in Deutschland von der Staatsgewalt das Gesicht zerschnitten, nur weil wir die Politik nicht für gut befinden?“, merkt er an. Und sicher ist es befremdend für einen Künstler, wenn Konzerte aufgrund von Propagandavorwürfen platzen oder man gar Einreiseverbot in einigen Ländern erhält, nur aufgrund der Tatsache Teil eines Musiklabels zu sein. „Sind Menschenrechte mit Propaganda zu betiteln?“, fragt der Labelchef – für ihn lauert überall Unterdrückung und Manipulation und er versucht mit seinen Partnern einiges von hinten zu zerschlagen.

„Ich mag keine Releases von irgendwelchen Leuten auf tausend verschiedenen Labels. Entweder man hat ein Zuhause und arbeitet daran oder man gibt sein Bankkonto an und wartet auf den Sellout!“

Inwiefern man sich mit den Ansichten Gordons identifiziert, sie gut oder schlecht heißt, bleibt jedem Zuhörer und Interessierten selbst überlassen, allerdings ist ein Musiklabel, das so stark politisch Flagge bekennt und tatsächlich versucht kleine Dinge zu bewegen, in der Musiklandschaft eine absolute Rarität und dieses Engagement sollte demzufolge auch honoriert werden. Und dies dürfte einem nicht allzu schwer fallen, wenn man Gordon von zukünftigen Releases reden hört: So ist wohl mit einer Cyne 7″ zu rechnen und endlich auch mit neuem Material des wunderbaren Sketchie. Ein Seven Star Album wird angekündigt und die „Ostros“ LP von Epstein ist für September vorgesehen. Ende des Jahres soll außerdem ein weiteres HipHop-Album von Mathematik aus Canada erscheinen – er dürfte vielleicht durch alte Conception Records Releases oder das Feature „Following Goals“ mit Bahamadia ein Begriff sein. Zurzeit steht aber erstmal das interessante Debutalbum „Harpy Lights the Canopy“ des spanischen Produzenten Jahbitat in den Startlöchern. Freunde von warmen, ruhigen, organischen Sounds sollten unbedingt mal reinhören, denn diese Scheibe lädt dazu ein, sich mit Kopfhörern auf eine Wiese zu legen und zu träumen.

“Wie viele Menschen sterben in den Straßen von Kolumbien, nur weil sie mit dem System nicht zufrieden sind und wie viele durch die Hand der „Staatsgewalt“! Wird uns in Deutschland von der Staatsgewalt das Gesicht zerschnitten, nur weil wir die Politik nicht für gut befinden?” „Sind Menschenrechte mit Propaganda zu betiteln?“

Außerdem sollte man sich die neue Mr. Cooper „Inertia“ 10″ nicht entgehen lassen, auf der zwei neue Beats samt Remixes von Gordon, Jahbitat und einer herausragenden Neubearbeitung von DDay One zu hören sind. Nach Cooper’s erfolgreichen und beachtenswerten Debut „Amongst Strangers“ legt der erst 24 Jahre alte talentierte Produzent aus England nun also nach. Wir haben ihm einige Fragen gestellt.

DEAD: When did you start making music and with which eqiupment?

Mr.Cooper: I started making music when I was 16 (I’m now 24) with a PC, Cooledit Pro and records. I didn’t really know what I was doing but someone had given me CoolEdit and that was all I had, so I came up with a way of making loops in the multitracker by dividing up the length of a sample loop into 16 or 32 with a calculator and putting in the beats in mathematically. To calculate swing you had to divide by 3 and so on. The Mummy Fortuna’s stuff was all produced like that. Luckily for my sanity someone later introduced me to the concept of a sequencer with a beat grid so I don’t have to do any of the calculator stuff now.

DEAD: You dind’t make music with Sketch (mummy fortuna’s theatre) any more, why did you part from him and are there perhaps any plans to make music together in future?

Mr. Cooper: After the MFTC EP we started trying to work on an album. I was making beats for it with another friend, Chatro, and Sketch had also just got a computer and had started the experimenting and production that resulted in his solo record. As things went on though, he was getting tired of doing vocals. Hence the MFTC album never came together. It’s a shame looking back, but it was cool – he’s a good friend and he made a great solo record, and the MFTC album beats turned into my solo record, so it wasn’t like we put a load of work in for no reason. As for collaboration in the future; I expect we will try. We’re still good friends and I’ll be living in the same city as him again soon so maybe.

DEAD: Which role did the internet play for you as an young artist to become known and which role does it play now? How do you think will the music buisness look like in some years, do you think more and more indie labels will die because everybody can get the songs easily with one mouseclick and which meaning does it have for you a an artist?

Mr. Cooper: It’s a double-edged sword. It’s good that you can check things out at home before buying stuff because you can hear and find new music more easily. With a broadband connection you have many benefits to digging for samples. I don’t know if I am ‘known’ in any large scale way at all, but I would imagine that a lot of the people that do know of my stuff have discovered it through or with the help of the net.

On the bad side artists are making less money from releases because of file sharing. I try to buy stuff that I download and like, but I don’t buy everything: it’s too tempting to just go with the mp3 that you got for free rather than spend money. As I say though, I try to buy the stuff that I really like to support the artists. I don’t think indie labels will die, they will just get smaller scale. Independent labels run by people that love music will keep going. I don’t know how much longer physical formats (CD and vinyl) can last though – maybe 5-10 years at the most.

DEAD: Do you have a concrete vision of your music in some years, what will it sounds like? What muscial direction you will pursue in future?

Mr. Cooper: I’m working on a new solo instrumental album at the moment. I have about 10 tracks all in early stages. The sound is more electronic, with heavy drums, a few pieces without drums, heavier bass, a tougher sound in general. I’ve been listening to a lot of electronic music and dubstep since the last record. I think that is influencing my solo sound quite a lot.

I also have a project called ‘Copermahks’ with a friend of mine. It’s recorded, improvised, electronic, ambient, noise, drone stuff. Some of it reminds me of the quieter bits in Constellation Records’ music, Vangelis and Future Sound Of London. We are currently compiling an album of this stuff that will hopefully be released this year or next year.

http://www.projectmooncircle.com/
Published in DEAD Magazine Issue III
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Foto(s): Project: Mooncircle
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